Ausgabe 6 - 1/2023 - Andreas Folkers

Fossile EnergieexzesseKrieg und Kapital im Zeitalter des Klimawandels

Wenn Statistiken, die sonst nur von Expert_innen Beachtung finden, plötzlich öffentliche Aufmerksamkeit erregen, ist das ein Indiz für ein Problem, vielleicht sogar ein historisches Ereignis. Als man gerade begonnen hatte, sich die tägliche Konsultation der Covid-Infektionsraten abzugewöhnen, begann im Frühjahr 2022 eine andere Statistik, die Zeitungen und Onlinenewsportale zu bevölkern: die Füllstände von Gasspeichern. Das Ereignis bzw. die »Zeitenwende« (Olaf Scholz), die durch die Publizität der Speicherstände angezeigt wird, ist bekannt: der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das Dilemma der »westlichen Welt«, der Ukraine beistehen zu wollen, ohne selbst Kriegspartei zu werden, führte schnell dazu, dass sich neben den Schlachtzentren in der Ostukraine eine zweite, wenngleich weniger leicht lokalisierbare, aber hochgradig
vernetzte, infrastrukturelle Kriegsfront eröffnete. Die »westliche Welt« mobilisierte ihre finanzökonomische Hegemonie, indem sie die US- und Eurokonten russischer Oligarchen einfror und die wichtigsten Zahlungsinfrastrukturen nach Russland unterbrach. Russland beantwortete diese Sanktionen mit einer Einschränkung der Gaslieferung, während europäische Länder zuvor schon begonnen hatten, ihre Einfuhren russischer Kohle und russischen Öls herunterzufahren.



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